Die wissenschaftliche Herausforderung
„Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten.“
Robert Oppenheimer
Technischer Leiter des Manhattan-Projekts
Im 20. Jahrhundert gelangte der Mensch durch neue Erkenntnisse in der Physik über Energie und Materie zu einem ganz neuen Verständnis von unserem Universum. Gleichzeitig aber entfesselten diese Erkenntnisse auch Kräfte von nie zuvor dagewesener Grausamkeit. Das Manhattan-Projekt, das 1945 in der Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki gipfelte, zeigte, was passieren kann, wenn wirtschaftliche und militärische Interessen sich vereinen. Zum ersten Mal wurde ein wissenschaftlicher Ansatz bewusst in der Praxis angewendet, um ein beispielloses Zerstörungsszenario herbeizuführen.
Oben: Die meisten Mitarbeiter des Manhattan-Projekts wussten nichts über das tatsächliche Ziel ihrer Arbeit. Gladys Owens, die Frau vorne ganz links im Bild, begriff erst 50 Jahre später, als sie das Foto bei einer öffentlichen Führung durch ihre damalige Arbeitsstätte sah, woran sie damals gearbeitet hatte.
Das Manhattan-Projekt
Im August 1942 initiierten die USA und die alliierten Mächte, getrieben von der Angst, Nazi-Deutschland könnte ihnen aufgrund der neuen Erkenntnisse in der Physik mit dem Bau einer Waffe von unbeschreiblicher Zerstörungskraft zuvorkommen, das sogenannte Manhattan-Projekt. Führende Wissenschaftler aus aller Welt arbeiteten hierbei gemeinsam an der Entwicklung einer Atombombe.
1896 Entdeckung der Radioaktivität durch Henri Becquerel.
1898 Entdeckung der ersten radioaktiven Elemente, Radium und Polonium, durch Pierre und Marie Curie.
1905 Albert Einstein stellt einen Zusammenhang zwischen Masse und Energie her (E = mc2) und liefert damit die theoretische Grundlage für die Erforschung von Kernreaktionen.
1932 Erste Auslösung einer Kernreaktion durch die britischen Physiker John Cockcroft und Ernest Walton.
1933 Der ungarische Physiker Leó Szilárd erkennt die Möglichkeit einer nuklearen Kettenreaktion.
1934 Erste Kernspaltung durch den Italiener Enrico Fermi.
1939 Albert Einstein und Leó Szilárd schlagen Präsident Franklin D. Roosevelt in einem Schreiben vor, mit der Forschung zum Bau einer Atomwaffe zu beginnen.
1941 Roosevelt gibt grünes Licht für die Entwicklung einer Atomwaffe und ruft das Manhattan-Projekt ins Leben.
1942 Enrico Fermi gelingt an der Universität Chicago erstmals eine kontrollierte Kernspaltung.
1943 Japan wird vom Militärkomitee des Manhattan-Projekts als potenzielles Ziel für die bald fertig entwickelte Atombombe auserkoren.
1945 April: Das Zielkomitee des Manhattan-Projekts wählt vier Städte als potenzielles Ziel für die Atombombe aus: Kyoto, Hiroshima, Kokura und Niigata.
Juli: Der „Trinity Test“, die erste Atomexplosion der Geschichte, findet in Alamogordo, New Mexico, statt.
6. Aug.: „Little Boy“, eine Bombe aus hoch angereichertem Uran, detoniert über Hiroshima, Japan.
9. Aug.: „Fat Man“, eine Plutoniumbombe, detoniert über Nagasaki, Japan. Ursprünglich sollte die Bombe über Kokura abgeworfen werden. Wegen des schlechten Wetters verlegte man das Ziel im letzten Moment auf Nagasaki.
„Wir appellieren als Menschen an Menschen: Erinnert euch an eure Menschlichkeit und vergesst den Rest.“
Russell-Einstein-Manifest, 1955
Verfasst und unterzeichnet von führenden Wissenschaftlern und Intellektuellen mit dem Ziel, der Menschheit die Gefahren eines Atomkrieges vor Augen zu führen
Pugwash-Konferenzen
Die Pugwash Conferences on Science and World Affairs sind eine internationale Organisation, in der Wissenschaftler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gemeinsam darauf hinarbeiten, die Gefahr bewaffneter Auseinandersetzungen zu bannen und Lösungen für globale Sicherheitsrisiken zu finden. An der konstituierenden Sitzung der Gruppe im Juli 1957 nahmen 22 Wissenschaftler aus den USA, der Sowjetunion, Japan, China und Frankreich teil.
Technisches Know-how
Die Vernichtung aller Atomwaffen würde die Menschen zwar von der nuklearen Bedrohung befreien, doch die entwickelten Kerntechnologien blieben uns erhalten. Experten auf dem Gebiet der Kerntechnologie werden eine wichtige Rolle bei der Abrüstung und der Vernichtung und Sicherung spaltbarer Materialien spielen. Ihr Wissen wird auch dann noch benötigt, um die nukleare Sicherheit zu gewährleisten, wenn die letzte Atombombe unschädlich gemacht wurde.
Vertrag über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen (CTBT)
Der „Vertrag über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen“ (CTBT) wurde 1996 von den Vereinten Nationen angenommen. Er verbietet sämtliche Kernexplosionen, ganz gleich wo auf der Welt und durch wen sie vorgenommen werden sollen. Obwohl der Vertrag noch nicht in Kraft getreten ist, spielte er eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung eines De-facto-Moratoriums zu Nuklearversuchen. Die Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (CTBTO) überwacht die Einhaltung des Vertrags und arbeitet mit Wissenschaftlern und Experten aus vielen Disziplinen zusammen, von der Kernphysik über die Seismologie bis hin zur Atmosphärenforschung.
Das Internationale Überwachungssystem (IMS)
Das Internationale Überwachungssystem (IMS) ist ein weltweites Netz von Überwachungseinrichtungen, das die Einhaltung des Atomtestverbots überprüfen bzw. Verstöße dagegen aufdecken soll. Nach seiner Fertigstellung wird das IMS 337 Überwachungsstationen umfassen. Das Netzwerk wird durch ein Verifikationssystem mit der Möglichkeit von Vor-Ort-Inspektionen ergänzt, sobald der Vertrag in Kraft getreten ist. Die Experten der CTBTO sind zuversichtlich, dass das System nukleare Explosionen überall auf der Erde aufdecken kann.
Arrays der Infraschall-Überwachungsstation IS49
Quelle: CTBTO
Radionuklidstation RN13
Quelle: CTBTO
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